Warum ein weiteres chinesisches Kochbuch, es gibt doch schon so viele? Weil, wie ChinesInnen zu Recht oft sagen, ihre Küche weltberühmt ist und weil es aus verschiedenen Gründen nicht ganz leicht ist, hierzulande einen richtigen Eindruck davon zu bekommen. Zum einen gibt es kaum Restaurants, die authentische chinesische Küche servieren, zum anderen taugen die meisten der Kochbücher, deren Titel chinesische Küche versprechen, nicht so viel (es gibt Ausnahmen!). Oft ähneln die nachgekochten Resultate bestenfalls dem, was in den üblichen Chinarestaurants serviert wird – wenn überhaupt. So behauptet zum Beispiel ein Kochbuch eines namhaften deutschen Kochbuchverlags, das eine Tante mir einmal geschenkt hat, dass die Chinesen zum Essen gerne auf dem Boden sitzen. Das ist nun schon seit mehr als anderthalb Jahrtausenden nicht mehr der Fall – ebensowenig, wie Ananas oder Mandarinen aus der Dose das Wesen chinesischer Küche ausmachen.
Aus diesen Gründen habe ich irgendwann angefangen, originalchinesische Kochbücher für den Hausgebrauch zu übersetzen und die Rezepte zu bearbeiten, die z. B. keine oder nur ungenaue Mengenangaben enthielten. Ich habe mich bei der Auswahl hauptsächlich auf relativ einfache Alltagskost beschränkt, auf Gerichte, die einfach nachzukochen sind und deren Zutaten in Asienläden gut zu bekommen sind. Dabei ist mir natürlich klar, dass die asiatischen Lebensmittelgeschäfte nicht alle gleich gut sortiert sind – nachfragen hilft manchmal.
Wie essen die Leute in China ?
Das Werkzeug
Die Zusammenstellung eines Menüs
Wie essen die Leute in China ?
In einem chinesischen Haushalt wird in der Regel dreimal täglich warm gegessen. Zum Frühstück oft Reissuppe mit etwas salzigem Gemüse, je nach Region auch scharfe Nudelsuppe, Fettgebäck mit Sojamilch oder andere leckere Dinge. Das Frühstück wird oft auch außer Haus an einem der vielen kleinen Frühstücksstände oder im Restaurant eingenommen. Auch mittags essen viele berufstätige Menschen nicht zu Hause, so dass das Abendessen die wichtigste Mahlzeit des Tages wird.
Zu solch einer Mahlzeit gehören verschiedene Gerichte und meist eine Suppe. Als Grundregel gilt, dass es immer ein Gericht mehr geben sollte, als EsserInnen am Tisch sitzen. Dabei wird die Suppe nicht mitgezählt. Vor allem, wenn Gäste mitessen, sollte unbedingt etwas übrigbleiben. Da dies hierzulande nicht ganz so wichtig ist, ist es sinnvoll, mit den Mengen ein wenig zu experimentieren.
Von dieser Grundregel wird übrigens auch dann nach oben abgewichen, wenn ChinesInnen im Restaurant speisen. Getrennte Rechnungen sind in China undenkbar, und um nicht geizig zu erscheinen, lassen Gastgeberin oder Gastgeber Unmengen von Gerichten auftragen. Anders als in der westlichen Küche ist es nicht üblich, bei einem Restaurantbesuch individuell zu verzehrende Gerichte auszuwählen. Es wird ein Menü zusammengestellt, bei dem alle Speisen in die Mitte des Tischs gestellt und gemeinsam verspeist werden.
Das Werkzeug
Hier geht es erstmal um Esswerkzeug, über das Kochwerkzeug an anderer Stelle mehr (später, darüber gibt’s noch keinen Text). An jedem Platz finden sich Stäbchen, eine, manchmal auch zwei Schalen für Reis und/oder Suppe, ein Porzellanlöfffel und in einem ordentlichen Restaurant auch noch ein Teller in Kuchentellergrösse, auf den man entweder Speisen zwischenlagern, oder Abfälle wie Gräten und Knochen ablegen kann. ChinesInnen finden aber auch nichts dabei, solche Dinge einfach auf den Tisch zu legen. Das Gerücht, es sei üblich, Abfälle unter den Tisch zu werfen, stammt allerdings noch aus einer Zeit, in der die staatlichen Restaurants große, neonbeleuchtete, ungemütliche Hallen mit rohen Holztischen waren. Heute mag es an Straßenständen angehen, Abfälle zu Boden fallen zu lassen, in einem ordentlichen Restaurant ist das auf alle Fälle unüblich!
Reis sollte, auch aus technischen Gründen, nur aus der Schale und niemals von einem flachen Teller gegessen werden – das geht mit den Stäbchen viel einfacher und sieht auch besser aus.
In vornehmen Restaurants gibt es extra Vorlegestäbchen oder wenigstens -löffel. Es ist aber durchaus auch üblich, sich mit den eigenen Stäbchen aus den in der Mitte stehenden Platten und Schüsseln zu bedienen. Die aus der Mitte geangelten Bissen sollten zumindest kurz in der Reisschale oder auf das kleine Tellerchen abgelegt werden. Das ist höflicher, als sie sich gleich in den Mund zu stecken. Es genügt, dazu den Reis kurz anzutippen.
Der Porzellanlöffel kommt bei der Suppe zum Einsatz oder bei Speisen, die sich mit den Stäbchen nicht so leicht einfangen lassen, wie bei kleinen Krabben oder weichem, zerbrechlichem Doufu. Dann ist es durchaus tischfein, sich mit dem eigenen Löffel zu bedienen. Am besten geht das, wenn die Speisen mit den Stäbchen auf den Löffel geschoben werden, der dazu in der linken Hand gehalten wird.
Besonders höflich ist es übrigens, seine Nachbarn mit den besten Bissen zu bedienen.
Die Zusammenstellung eines Menüs
Ein Menü besteht meistens aus mehreren kleinen kalten Vorspeisen oder einer kunstvoll zusammengestellten kalten Platte, die die Wartezeit auf die Hauptgerichte verkürzen helfen.
Zu einem vollständigen Essen gehört eine Kombination aus Fleisch-, Geflügel-, Fisch- und Gemüsegerichten, häufig in dieser Reihenfolge. Gibt es mehrere Gerichte einer Kategorie, wird die Speisenfolge variiert. Zusammenstellung und Reihenfolge sind eine Kunst für sich, wobei vorläufig der Hinweis genügen soll, dass Gegensätze durchaus vereinbar und Kontraste erwünscht sind.
Die Suppe kommt meistens zum Schluss. Sie soll die verbliebenen Lücken im Bauch auffüllen und die intensiven Geschmacksrichtungen der verschiedenen Speisen neutralisieren – weshalb sie von „Langnasen“ oft als etwas fad empfunden wird. Manchmal kommt die Suppe aber auch am Anfang oder irgendwann zwischen anderen Gängen. Das kann verschiedene Gründe haben: einmal gibt es regionale Unterschiede in der Auffassung, wann der richtige Zeitpunkt für die Suppe gekommen ist, oder aber es handelt sich um eine intensiv schmeckende Suppe, die als eigenständiges Gericht gilt.
Süsser Nachtisch ist in den meisten Gegenden eher unüblich, aber inzwischen wird – vielleicht auch als Zeichen der Internationalisierung von Essgewohnheiten – gerne frisches Obst als Abschluss serviert. Süße Speisen werden oft als ein Gang unter anderen im Rahmen eines Menüs gereicht oder unabhängig von den Mahlzeiten gegessen. Es gibt sie jedenfalls, und man kann sie, da sind die ChinesInnen ganz undogmatisch, natürlich auch als Nachtisch servieren, wenn man möchte. Kleiner Tip für „Süße“: die bisher einzige süße Speise in diesem Kochbuch sind die Fadenziehenden Kartoffeln (oder Äpfel, Bananen etc.) in der Abteilung Gemüse & Doufu.